Heutzutage kann man von jedem beliebigen Ort der Welt aus an „Video-Calls“ teilnehmen, ob unterwegs im Zug oder im vollausgestatteten Büro. Für Teilnehmer macht das meist keinen Unterschied. Online-Dolmetscher benötigen dagegen ein bestimmtes Arbeitsumfeld. Richtige Profis sind entsprechend für eine erstklassige Dolmetschung ausgestattet.
Warum Dolmetscher im Team arbeiten
„Guten Tag, wir planen eine große Vertriebsveranstaltung mit Kunden aus ganz Europa. Dafür benötigen wir einen Simultandolmetscher. Können Sie das übernehmen?“
So sehr ich mich über jede Anfrage freue und schnell beginne, die Details zu klären - meist ist von vornherein klar:
„Ein einziger Simultandolmetscher wird nicht ausreichen.“
Dass niemand gleichzeitig in mehrere Sprachen dolmetschen kann, ist logisch. Sollen die Gäste die Verdolmetschung simultan in Spanisch, Englisch und Italienisch hören, braucht es auch mehrere Kabinen, in denen jeweils zwei oder mehr Simultanübersetzer sitzen.
In diesem Fall ging es „nur“ darum, die deutschen Präsentationen für Kunden aus Frankreich, Belgien und der Schweiz ins Französische zu übertragen. Mit Blick auf die Simultantechnik genügte also eine Kabine – bestückt mit zwei Dolmetschern, um die ganztägige Veranstaltung abzudecken. Denn genau wie Radiosprecher oder TV-Sportkommentatoren arbeiten professionelle Konferenzdolmetscher grundsätzlich im Team. Alle 20 bis 30 Minuten wechseln wir uns ab.
Denn: Dolmetschen ist eine höchst anspruchsvolle geistige Leistung, die äußerste Konzentration erfordert.
Einen ganzen Tag oder auch nur mehrere Stunden ununterbrochen alleine simultan zu dolmetschen, ist mental und körperlich nicht auf professionellem Niveau leistbar. Irgendwann lässt die Konzentration für das gleichzeitige Hören, Verstehen und Sprechen einfach nach. Und auch meine Stimme, das wichtigste Werkzeug eines Dolmetschers, kann ich nicht über Stunden belasten. Das macht auch kein Sprecher oder Kommentator aus Radio und Fernsehen.
Es liegt deshalb im Interesse des Kunden, bei der Teamstärke nicht zu sparen. Denn wenn die Konzentration schwindet, schleichen sich zwangsläufig Versprecher und Missverständnisse ein - und die Kommunikation leidet. Wer ein gleichbleibend hohes Niveau und eine durchgehend flüssige Verdolmetschung erwartet, kommt um ein Dolmetschteam nicht umhin. Nicht umsonst sind auch bei internationalen politischen Veranstaltungen zwei Dolmetscher pro Sprache die Regel.
Dolmetschen ist Teamwork
Teamarbeit macht auch aus einem weiteren Grund Sinn: Wir unterstützen uns gegenseitig. Denn selbst einem erfahrenen und gut vorbereiteten Dolmetscher kann es passieren, dass ein Vortrag eine unerwartete Wendung nimmt.
Ich habe kürzlich ein Fachseminar zu Wassermanagement gedolmetscht. Und plötzlich ratterte der Redner in seinem Vortrag zu Klärweihern seltene heimische Vogelarten herunter, von denen ich noch nie gehört hatte. Mit einem Mal ging es nicht mehr um Abwasserwirtschaft und Trinkwasseraufbereitung – worauf ich bestens vorbereitet war – sondern um Fitis, Kleiber und Zilpzalp.
Zum Glück arbeitete ich an diesem Tag mit einem Kollegen zusammen, der schnell online recherchierte und mir rasch die nötigen Vogelnamen notierte. Der zweite Dolmetscher schaltet nämlich in seiner Pause nicht auf Durchzug, sondern bleibt aufmerksam, um bei Bedarf zu unterstützen.
Berufskodex schafft Orientierung
All dies hat der internationale Berufsverband AIIC bereits vor über 60 Jahren erkannt und Standards für die Ausübung dieses besonderen Berufes festgelegt. Die Professional Standards der AIIC gelten in Deutschland und weltweit. Sie sind in der Branche die einzige und unangefochtene Richtlinie für Teamstärke und Arbeitsbedingungen von Konferenzdolmetschern.
Sie legen klar fest: Die Teamstärke und Arbeitsbedingungen sind so zu gestalten, dass sie dem Kunden eine hervorragende Verdolmetschung bieten und den Synchrondolmetschern nachhaltiges Arbeiten ermöglichen. Ein Team aus Simultandolmetschern besteht also in der Regel aus mindestens zwei Profis pro Sprache bzw. Kabine. Dies dient gleichzeitig der konstanten Qualität und Präzision für die Zuhörer, dem angestrebten Mehrwert für den Veranstalter und dem nachhaltigen Gesundheitsschutz der Dolmetscher.
Wenn ein Dolmetscher Ihnen also bei einer Anfrage erläutert, dass er oder sie nur im Team arbeitet, ist das ein Zeichen für Professionalität. Die Dolmetscher, die Sie im Verzeichnis auf fachdolmetschersuche finden, werden verschiedene Aspekte Ihrer Veranstaltung abfragen. So können sie ein Team zusammenstellen, das Ihre Bedürfnisse optimal erfüllt.
Den Auftrag für die eingangs erwähnte Vertriebsveranstaltung durfte ich übrigens übernehmen – als Teil eines zweiköpfigen Teams. Einen Hustenanfall hatte ich glücklicherweise nicht und um seltene Vögel ging es diesmal auch nicht.
Dafür sprach ein bekannter Fußballschiedsrichter. Er betonte, wie wichtig Teamarbeit, Rücksprache und gegenseitige Unterstützung in hektischen und anspruchsvollen Situationen ist. In unserem Zweierteam konnten wir für den kompletten Tag eine dynamische Verdolmetschung sicherstellen. So blieben auch die ausländischen Gäste bis zum Schluss „am Ball“.
*Wenn von Dolmetscher die Rede ist, ist damit sowohl der Dolmetscher als auch die Dolmetscherin gemeint.
Viele Simultandolmetscher:innen von fachdolmetschersuche.de arbeiten für Institutionen wie das Europäische Patentamt oder andere internationale Einrichtungen. Bei der Entwicklung von Standards für Online-Verhandlungen in europäischen Patentverfahren setzte das Patentamt auf eine enge Zusammenarbeit mit dem Dolmetschdienst. Mit Erfolg: Die Qualität der Webmeetings erhöhte sich deutlich – für Richter, Patentanwälte, Parteien, Schriftführer… und nicht zuletzt für die Dolmetscher:innen.
In London nach dem Weg fragen, im Restaurant in Sydney auf Englisch bestellen oder Smalltalk mit den amerikanischen Kolleg:innen halten: Das schaffen die meisten. Wenn es aber um ausführliche Fachvorträge, wichtige Verhandlungen oder souveräne Produktpräsentationen geht, fühlen sich die wenigsten Deutschen auf Englisch richtig sicher. Bei vielen Meetings und Konferenzen kommen deshalb Dolmetscher:innen zum Einsatz – und zwar nicht nur für „exotische Sprachen“. Auch bei englischsprachigen Veranstaltungen setzen viele Firmen auf Sprachprofis.